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südländisch aussehende Fremde war seine Brieftasche war
bis auf ein gewaltiges Bündel Banknoten leer gewesen, so daß
sie seine Identität nicht hatten feststellen können konnte es
gut sein, daß er am nächsten Morgen keine Belobigung,
sondern eine kräftige Kopfnuß von seinem Vorgesetzten
erhielt. Möglicherweise war er ein wenig über sein Ziel
hinausgeschossen.
»Wer spricht von verhaften?« sagte er schließlich. »Der
Mann war vollkommen betrunken, oder? Wir haben ihn nur zu
seiner eigenen Sicherheit in eine Zelle gelegt, damit er seinen
Rausch ausschlafen konnte.«
Cowley dachte einen Moment über diese Version nach. Sie
schien ihm zu gefallen. »Okay«, sagte er. »Aber dann geh noch
einmal zurück und schließ die Zellentür auf, damit er nicht
durchdreht, wenn er wach wird. Ich sehe bei meiner nächsten
Runde nach ihm.«
Seffinger grunzte, hütete sich aber, zu widersprechen. Mit
einem geknurrten »Ich bin ja auch erst eine Stunde zu spät
dran« klaubte er den Schlüsselbund vom Tisch, wandte sich um
und verließ die Wachstube.
Der Gang, den er betrat, war dunkel; nur an seinem hinteren
Ende brannte eine kleine, ganz heruntergedrehte Gaslampe, so
daß die Türen zu dunklen Schatten auf einem noch dunkleren
Hintergrund wurden. Aber Seffinger kannte jeden Fußbreit
Boden in diesem Gefängnis besser als seine eigene Wohnung.
Er versah seinen Dienst hier seit mehr als fünfzehn Jahren, und
er hätte den Weg zu der kleinen, einzelnen Zelle auch mit
verbundenen Augen gefunden.
Der Raum gehörte nicht zu dem verwinkelt angelegten
Zellentrakt des Gefängnisses und stand normalerweise leer. Er
wurde nur benutzt, um Gefangene für kurze Zeit etwa vor
einem Transport unterzubringen. Entsprechend war seine
Ausstattung: Das Glas in dem kleinen, vergitterten Fenster war
schon vor Jahren zerbrochen und nie ersetzt worden, und das
Bett war kein Bett, sondern ein Brett, auf dem allerhöchstens
ein Fakir schlafen konnte.
Cowley hatte recht, dachte Seffinger übellaunig, während er
die Zellentür aufschloß. Wenn ihr Gast am nächsten Morgen in
dieser Folterkammer aufwachte und die Tür noch dazu
verschlossen fand, würde er wirklich durchdrehen.
Er drehte den Schlüssel herum, öffnete die Tür, trat in die
Zelle und blieb wie angewurzelt stehen.
Der Betrunkene schlief nicht mehr, sondern saß aufrecht auf
der Pritsche.
Er war auch nicht mehr betrunken, sondern blickte Seffinger
mit einem dünnen, überheblichen Lächeln an.
»Gut, daß Sie noch einmal vorbeikommen, Sir«, sagte er.
»Das erspart es mir, auf Ihren Kollegen zu warten.«
Mort Seffinger kam nicht mehr dazu, den Fremden nach
dem Sinn dieser Worte zu fragen.
Er kam auch nicht mehr dazu, zurückzuspringen und die Tür
hinter sich ins Schloß zu werfen. Er kam nicht einmal mehr
dazu, einen Hilferuf auszustoßen.
Das letzte, was er wahrnahm, war das Blitzen von Stahl in
den schlanken Fingern des Fremden...
* * *
Es war ein Wettlauf mit dem Tod. Die wenigen Schritte zum
Haus wurden zu einer Ewigkeit. Die Nacht war plötzlich voller
grauer Schatten, und das Schwirren und Rascheln
zehntausender winziger Schwingen hallte wie boshaftes
Hohngelächter in meinen Ohren.
Ich spürte eine Berührung, schlug in blinder Furcht um mich
und stolperte die Stufen hinauf. Etwas hüpfte vor meinem
Gesicht auf und ab, ich duckte mich, tauchte darunter hinweg
und prallte gegen den Türrahmen. Eine Hand ergriff mich am
Arm und zerrte mich ins Haus. Jemand brüllte, und das
Rascheln und Zirpen der Schmetterlingsflügel wurde lauter. Ich
fiel, rollte mich instinktiv zur Seite und sah, wie sich Rowlf mit
seinem ganzen Körpergewicht gegen die Tür warf und sie ins
Schloß schmetterte. Keine Sekunde zu früh. Es klang, als werfe
jemand Sand gegen die Tür. Das Rascheln und Knistern
verstummte, aber dafür hörte ich ein hohes, wütendes Prasseln,
rasch und schneller werdend und zornig. Grauer Staub quoll
durch die Türritzen, als die Motten in blinder Wut gegen die
Tür prallten. Etwas Winziges, Flatterndes schwang sich in die
Höhe und verschwand unter der Decke
»Sie sind hier!« brüllte Rowlf. »Ein paar sind
reingekomm n. Paßt auf!« Seine Stimme überschlug sich fast.
Ich sah, wie er mit einem grotesken Hüpfen zur Seite sprang
und den Kopf einzog, als einer der grauen Schemen wie ein
angreifender Raubvogel auf ihn niederstieß, kam endlich selbst
auf die Füße und blickte mich wild um.
Rowlf hatte die Tür im letzten Augenblick geschlossen. Der
Mottenschwarm prasselte noch immer wie Sand gegen die Tür,
aber die Hauptmasse der Tiere war ausgesperrt.
Trotzdem war eine Handvoll von ihnen ins Haus gelangt...
Rowlf drehte sich plötzlich zur Seite und schlug nach etwas,
das vor ihm hin und her torkelte.
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