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darüber nachzugrübeln. Sie war auf sich allein angewiesen.
Aber wer immer ihr diese Falle gestellt hatte, schien keine Eile zu haben, seine Anwesenheit
kundzutun. Auch das zehrte an ihren Nerven. Stets vorbereitet zu sein auf einen Angriff, der nicht
kam, nahm ihrer Wachsamkeit die äußerste Schärfe, so wie die Schneide eines Messers abstumpfen
konnte.
Sie umrundete einen Erdhügel und dann noch einen und dann ...
Es war, als würde sie aus einem verdunkelten Zimmer in grelles Tageslicht hinaustreten. Nicht
lange zuvor hatte sie sich gewünscht, lieber in der Wüste zu sein, nur um den schattenwerfenden
Erdhügeln zu entrinnen. Jetzt, da sich dieser Wunsch erfüllte, fand Brixia die Aussicht weit
weniger erfreulich, als sie angenommen hätte.
Vor ihr erstreckte sich offenes, kahles Land, das nicht einmal die kümmerlichen Sträucher und
Grasbüschel aufwies, die sie am Rand der Einöde vorgefunden hatte. Hier war nichts als gelbe,
rötlich durchsetzte Erde, durchzogen von einem Netz von Kanälen, die in so viele Richtungen
liefen, daß Brixia nicht glauben konnte, daß diese Rinnen jemals durch das Wasser irgendeiner
vergangenen großen Flut entstanden waren.
Felsbrocken aus einem dumpf roten Gestein, durchzogen von dicken schwarzen Adern, erhoben
sich wie drohende Fäuste gen Himmel. Und an diesem Himmel stand eine Sonne, die eine so
glühende Hitze verbreitete, daß sie Brixia wie eine Welle aus der offenen Tür eines Backofens
entgegenschlug.
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Sie schrak zurück. In diese Hitze hineinzugehen, ihre nackten Füße auf diesen verdorrten,
glühendheißen Boden zu setzen... das war undenkbar. So sehr sie auch dem Hügellabyrinth
mißtraute, es gab keinen anderen Weg; sie mußte dorthin zurückkehren. Sie drehte sich um und
erstarrte.
Wo war die Lücke zwischen den Hügeln, durch die sie gerade gekommen war?
Brixia schwankte und klammerte sich an ihren Speer, um sich zu stützen. Sie schüttelte den Kopf,
schloß die Augen und hielt sie eine ganze Weile geschlossen, bevor sie sie wieder öffnete.
Was sie sah, mußte doch eine Illusion sein! Große Erdmassen konnten sich doch nicht innerhalb
von Augenblicken verlagern und den Weg verschließen, den sie eben gekommen war. Und doch,
obgleich sie verzweifelt nach rechts und nach links blickte, war da nichts anderes als ein hoher
Erdwall, der in seiner ganzen Länge keine Unterbrechung aufwies.
Brixia warf sich gegen die Erhebung, die eine Lücke hätte sein sollen. Mit der einen Hand stieß
sie die Speerspitze in die Erde, während sie mit der anderen nach einer Handvoll Gras griff, um
sich hochzuziehen. Wenn es keinen Durchgang mehr gab, dann mußte sie eben hinauf und hinüber
klettern.
Die Graskanten waren so scharf wie Messer. Sie stieß einen kleinen Schmerzenslaut aus und
leckte das Blut ab, das in den Schnittwunden erschien und ihr über Hand und Handgelenk tropfte.
Dann rutschte sie hastig zurück, um sich nicht auch noch an den Füßen solche abscheulichen
Schnitte zu holen.
Sie kauerte sich nieder, dort, wo die feuchtdunkle Erde des Hügels auf die trockene Erde der
Wüste traf und versuchte vernünftig zu überlegen. Daß irgend etwas geschehen war, das mit
menschlicher Logik nichts zu tun hatte, stand außer Zweifel. Auf irgendeine vollkommen
fremdartige, unbekannte Weise war sie von Erdmassen, die sich zu verlagern vermochten, an
diesen Ort getrieben worden.
Niedergeschlagen machte sie sich klar, daß es keinen Rückzug gab. Vielleicht konnte sie an dem
Erdwall entlang nach Norden oder Süden laufen, aber sie zweifelte in zunehmendem Maße daran,
daß man ihr gestatten würde, auf diese Weise dem Schicksal auszuweichen, das ihr zugedacht war.
Zu bleiben, wo sie war, um unterwürfig auf das Unheil zu warten, nein, das entsprach nicht ihrer
Natur, und so nahm sie all ihren Mut zusammen.
"Ich lebe!" rief sie leidenschaftlich in die leere Wüste vor ihr hinein. "Ich habe Arme, Beine und
einen Körper, und ich habe einen eigenen Willen! Ich bin ich, Brixia! Und ich diene keinem Willen
außer meinem eigenen!"
Es kam keine Antwort auf ihre trotzige Herausforderung, es sei denn, der rauhe Schrei in der
Ferne, der von einem Raubvogel stammen mochte, sollte eine Erwiderung sein.
Brixia fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Es schien sehr lange her zu sein, daß sie
von der Baumflüssigkeit getrunken hatte, und in diesem roten und gelben Land würde es kein
Wasser geben.
Dennoch würde sie in diese Wüste hineingehen... aber sie würde den Zeitpunkt selbst bestimmen
und nicht jene Intelligenz, die sie auf diese Fährte geführt hatte. Jetzt zog sie ihr Wams aus
Springerhäuten aus und machte sich mit ihrem Messer an die Arbeit, um jene Streifen zu
durchtrennen, die sie so mühsam zusammengeschnürt hatte. Aus den Lederstücken, die sie auf
diese Weise erhielt, begann sie dann eine Fußbekleidung zu fertigen. Sie schnitt die Häute in
passende Längen, die sie bis zum Fußgelenk um ihre Füße wickeln konnte, und diese befestigte sie
dann mit festen geknoteten Riemen, so gut es ging.
Nachdem sie nun ihre Füße geschützt hatte, so weil es ihr möglich war, stand Brixia auf,
beschattete ihre Augen mit der Hand gegen den gleißenden Sonnenschein und blickte über das
ausgedörrte Land. Die vielen scharfrandigen Rinnen bildeten ein solches Geflecht, daß es
unmöglich sein würde, einen geraden Kurs einzuhalten. Immerhin gab es da diese aufragenden
Felssteine und die Möglichkeit, dort etwas Schatten zu finden. Die Ferne wurde jedoch von einem
dichten Dunst verhüllt, so daß sie nicht erkennen konnte, was sich dort verbergen mochte.
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Brixia kam zu einem Entschluß. Mit Warten würde sie nichts gewinnen. Sie schätzte, daß es schon
gut nach Mittag war, und sie hatte die Hoffnung, daß es mit dem beginnenden Zwielicht etwas
kühler werden würde. Den Speer bereit, um ihn als Wanderstab zu benutzen, sollte sie eine Stütze
brauchen, trat Brixia hinaus in die Wüste.
Die Felssteine unterschieden sich genügend in ihren Umrissen voneinander, um Brixia als
Anhaltspunkt zu dienen und so zu verhindern, daß sie im Kreis ging. Als erstes Ziel wählte sie eine
abgerundete Felskuppe, die einem stummeligen Daumen glich, der zum Himmel hinaufwies.
Zweimal mußte sie einen Umweg machen, weil sie an eine Rinne gelangte, die zu tief und zu breit
war, um sie zu überspringen. Sie hatte den Eindruck, immer drei Schritte vor und zwei wieder
zurückzugehen. Obgleich es hier Stellen nackter Erde gab, auf denen sich Spuren abzeichneten,
konnte sie nirgendwo Stiefelabdrücke sehen.
Die deutlichsten dieser Spuren waren ein Fußabdruck mit vier Zehen, von denen ein jeder so lang
war wie ihr eigener Fuß. Die Fährte glich der eines Vogels, nur daß ein Vogel mit einem so großen
Fuß mindestens ebenso groß sein mußte wie sie oder sogar noch größer.
Immerhin, wo es Anzeichen für Leben gab, musste auch Nahrung und Wasser vorhanden sein, um
dieses Leben zu erhalten. Brixia kannte kein lebendes Wesen, das ohne Wasser existieren konnte;
also konnte diese Wüstenlandschaft nicht so tot sein, wie sie aussah.
Sie bückte sich und hob einen kleinen roten Kieselstein auf, den sie sich in dm Mund steckte, um
auf diese Weise Speichel zu erzeugen und ihren trockenen Mund zu befeuchten, so wie Wanderer
das tun.
An dem Daumen-Felsblock angelangt, verweilte sie ein wenig in dem Fleckchen Schütten, das der
Stein bot, um sich weiter voraus ein neues Ziel auszusuchen.
In diesem Augenblick wurde die Stille dieser brennend heißen Wüste von einem Schrei über ihr in
der Luft durchbrochen. Brixia preßte ihren Rücken gegen den von der Sonne erhitzten Stein und
blickte auf.
Am Himmel kreiste ein Vogel, noch nicht nahe genug, um durch den Hitzedunst erkennen zu
können, ob es sich um einen übergroßen Habicht handelte, einen Raubvogel, den sie oft in den
Bergen beobachtet hatte, oder um einen Aasfresser, dessen Reich eher die Wüste war.
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